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von Manuel Glüheisen


Wo bin ich?
Was wollen denn alle von mir?
Wie soll ich richtig reagieren?
Wer sagt mir was richtig ist?
Wohin führt mein Weg?

All die hastigen Bewegungen, die verbal einnehmenden Stimmen, die mich fragen und mein Leistungslimit fordern, all die schnellen im Alltag auftretenden, bunten Lichter der Zeit verwirren meinen seelischen Orientierungssinn.
Ich drehe mich mit verbundenen Augen im Kreis. Um die Realität und mein Umfeld voll war zu nehmen, lege ich die Augenbinde ab:

Ich finde mich als Glied einer scheinbar gigantischen Kette wieder.
Ich bin ein Teil - mittendrin.

Diese Kette meines Traumes . . .
Jede Influenz – sei es positiv oder auch negativ – bringt diese Kette, die ein unweigerliches Ganzes bildet in Bewegung und verändert ständig ihren Zustand und Standort –
Auch den Zustand jeden Gliedes – auch meinen Zustand !
Zu Anfang, darf jeder in miserabelster Art entscheiden, ob er ein Teil dieser Kette sein möchte oder nicht.
Miserabel ??? – wer nicht einsam, anerkannt sein möchte und wer einen Weg mit nur wenig Steinen und Hürden gehen möchte,

der scheint ein Glied werden zu MÜSSEN - aber wir zwingen ihn nicht ! . . . oder?

Wer aber sein Ich unbeeinflusst wahren möchte, wer sich nicht belasten möchte, wer sein Limit selbst setzten möchte, wer sich selbst entwickeln möchte nach eigenen Maßstäben und deswegen seinen eigenen Weg geht,

der geht einen vereinsamten Weg,
ein Weg – nicht mit Steinen – mit Bergen und unzähligen Hügeln versehen,
ein Weg, der im Dunkeln endet,
ein Weg, den kein Mensch gehen möchte - aber wir zwingen niemanden ! ... oder?

Diese Kette – nur ein Traum . . .
Als Teil dieser Kette, werde ich an meine seelisch äußerste Grenze gebracht –
Für wen?
Ich soll auf Fragen Antworten finden – gute Antworten – die den Mitmenschen zufrieden stellt, obwohl es mich nur geringfügig tangiert –
Für was?
Ich kämpfe als Teil der Kette, mit der Kette, gegen die Kette und um die Kette –
Ist dies kein Widerspruch?

Ich suche meinen Weg auf einem Pfad, der über eine Kette führt, die mich gleichzeitig hält, aber auch angreift – sogar schrittweise zerfrisst.

Diese Kette der Realität . . .
Sie scheint für uns eine stabile Struktur und Form zu haben, die weder schlimme noch nahezu zerstörerische negative Influenz standhält, obgleich sie oftmals scheinbar vor dem Zerfall steht – doch das ist nicht die wahre Kette.
Doch hebt man den Deck- , oder wohl eher den Tarnmantel der Kette sieht man nur noch Fragmente der Kette, die meisten vereinsamt und hilflos. . . hoffnungslos!!!

Diese Kette . . .

. . . Stellt mich stets unter Druck, lässt mir wenig Ruhe, bringt mich als Glied oft fast zum Zerfall und lösen von der Kette, fordert eigentlich unaufbringbare Kondition, zerstört uns wahrscheinlich selbst . . .

Opfer einer zerstörerischen Zirkulation der Elemente des Lebens
Entscheidung – meine Entscheidung – unserer Zwang ?
Diese Kette . . . – unsere Kette . . ., auch wenn wir es nicht sehen wollen.

Eine unüberwindbare Kettenreaktion, die alle Glieder mitzieht und alles herum in ein unheilbares Dunkel verbannt.

Der richtige Weg ?

Wo sind wir?
Wo bin ich? – ich verbinde lieber meine Augen und lege die Binde vielleicht nicht mehr ab . . .
Wo sind Sie?

Anmerkung des Autors


Anlass zu diesem Gedicht war der ständige Leistungsdruck. Nach längerem Nachdenken fiel mir auf, dass sich erstaunliche Parallelen zu meiner allgemeinen Weltanschauung und dem zwingenden Verahalten der Gesellschaft bestehen. Ich verwandte als Symbolik „diese Kette“, da ich denke, dass sie so in einem Traum am besten zu verkörpern wäre. Ein ausdrücklicher Appell daran, vielleicht mal was zu ändern, denn wir sind alle Glieder und diese Kette besteht aus UNS Gliedern und wir können somit etwas ändern . . . Wo sind Sie ? ? ?